Biathlon WMDer Emder Ruderverein vereinigt viele Sportarten unter seinem Dach, aber Biathlon? Getreu dem Motto „Sport verbindet“ zog es uns (Axel Milkert-Lipperheide und Jörg Brahms) gen Finnland. Vom 4. März – 15. März 2015 fand dort die 47. Biathlon-Weltmeisterschaft in Kontiolahti statt. Die Welt-Elite im Biathlon war hier auch schon 1990 und 1999 zu Gast, wir das erste Mal.

Unsere Anreise begann bereits zwei Tage vor den Wettkämpfen. Per Flugzeug über Hamburg – Helsinki nach Joensuu, einer Stadt etwas größer als Emden und nur noch ca. 15 km vom Biathlonstadion Kontiolahti entfernt. Am Flughafen wurden wir von unserem Reiseveranstalter sehr freundlich in Empfang genommen. Axel hat mit „Biathlon-Travel“ schon in den Jahren zuvor einen Biathlon-Weltcup in Slowenien und eine WM in Tschechien besucht und den perfekten Rundumservice genossen. Dabei hat er auch Sybille und Ingo Geiß aus Bad Rodach in Franken kennengelernt, zwei „Biathlon-Verrückte“. Wir vier bewohnten während der WM gemeinsam eines von insgesamt 83 komfortablen Holzhäusern einer Hotelanlage inmitten der Huhmarisvaara Langlauf Loipen in der finnischen Region Nord-Karelien am See von Höytiäinen.

Um diese Jahreszeit war der See natürlich zugefroren, doch wir waren uns einig, im Sommer müsste man hier auch hervorragend rudern können. Natürlich kann man das, endet doch alljährlich die Karelia-Soutu, die größte seit 1985 in Finnland jährlich organisierte Rudertour in Joensuu!

Unser erster Tag begann mit den Vorbereitungen der täglichen Fanaustattung. Axel hatte eigens eine neue Angelroute erworben und befestigte daran die große, offizielle Flagge des Interfriesischen Rates und eine kleine Heck-Flagge des Emder Rudervereins. Tolles Bild, das hat was! Jörg bemühte sich eine weitere kleine ERV-Flagge mit einer großen Deutschlandflagge zu vereinen. Unter lautem Fluchen, mehrfachen Stichen billiger Sicherheitsnadeln und großem Gelächter der Mitbewohner kam irgendwann ein akzeptables Ergebnis dabei raus.

Mit so viel Engagement eines „Neu-Biathleten“ hatte Axel nicht gerechnet. Da kannte er den „Bootsmann – Alte Spante“ offenbar schlecht. Jörgs Enthusiasmus setzte sich fort im Stadion von Kontiolahti. Und so gingen wir – mit Jörg und Ingo als stimmgewaltige „Sprachrohre“ - schon vor den Wettkämpfen mit Anfeuerungsrufen für unsere Athletinnen und Athleten über das Stadiongelände. Auf der Tribüne wurde die Deutschlandflagge samt ERV-Fahne gleich am ersten Tag gut sichtbar angebracht.

Wir wollen an dieser Stelle nicht verheimlichen, dass Jörg nach Erik Lessers Goldmedaille in der Verfolgung gewissermaßen zur Völkerverständigung beitrug. Ein russischer Fan lud ihn während der Flower-Ceremony auf der Tribüne zu einem Wodka ein. So etwas schlägt man natürlich nicht aus. Auch das Küsschen einer russischen Biathlon-Anhängerin soll hier nicht unerwähnt bleiben. Wir revanchierten uns mit lauten „Anton! Anton!“-Rufen (Anton Shipulin hatte die Silbermedaille gewonnen).

Das Fan-Dasein im Biathlon ist härter als manch einer denkt. Es ist kalt, manchmal schneit's, wenn es ganz schlecht läuft, regnet es sogar. Regen (für Ruderer kein Problem) gab es zwar nicht, trotzdem hatten wir nach kurzer Zeit das starke Bedürfnis, mit einem Glühwein die kalten Füße vergessen zu machen. Doch so einfach war das nicht. Biathlon in nordischen Ländern ist schließlich kein Matjesfest mit Trinkbuden an jeder Ecke. Es bedurfte schon eines gewissen detektivischen Spürsinns, um an unser Wunschgetränk zu gelangen. In einem großen Zelt gab es, mehr in die Ecke gedrängt, eine Bar. Dort wurden Bier, Schnäpse und – Glühwein angeboten. Lessers Gold haben wir – Jörg und Axel – zünftig mit Bier, Glühwein und Lakritzlikör begossen. Dass wir für unsere beiden Herren-Gedecke so viel bezahlt haben, wie im ERV-Vereinsheim für 20 Bokma, interessierte uns nicht ernsthaft. Die Freude über das tolle Sporterlebnis überwog.

Apropos Erlebnisse: Eine Biathlon-Weltmeisterschaft ist voll davon. Viele kleine und große Begebenheiten reihen sich aneinander, dass man abends immer irgendwie total vollgepfropft mit Eindrücken ins Bett fiel.

 

Um nicht alles einzeln zu erzählen, hier ein paar Eindrücke in kurzer Beschreibung: fingerlange, kleine Fische aus der Pfanne im Ganzen gegessen sind so lecker wie Chips und heißen Muikut / Finnland ist ein einziger Wald / im Winter sieht man kaum Tiere – Schneehasen (echte!) haben wir entdeckt / es gibt beheizte Toilettenbrillen im Stadion / Finnischer Tango ist nicht nur ein Gerücht – auch wenn wir nicht getanzt haben, zugeschaut haben wir / bei uns kein Fest ohne Bratwurst, in Finnland nicht ohne Makkara (gegrillte Wurst) / Kippis bedeutet Prost / eine finnische Schülergruppe bot während der WM in Joensuu den besten heißen Apfelsaft der Welt an / fährt man bei Dunkelheit durch die Straßen und Wälder, wirken die Häuser wie viele kleine, beleuchtete Faller-Häuschen / in unserem Hotel hatten wir direkten Kontakt zu den dort ebenfalls untergebrachten Biathleten-Teams aus Ungarn, Litauen und Korea / Jörg war omnipräsent in allen osteuropäischen Fernsehsendern und jeden Tag 40 Minuten vor offiziellem Beginn mit einem Interview auf allen Stadionleinwänden / Axel lernte bei seinen kilometerlangen Läufen zur Vorbereitung auf den Hamburg-Marathon die unendliche Einsamkeit Finnlands kennen – auf 10 KM Distanz kam ihm nur eine Handvoll Autos entgegen.

 

Ein Highlight unserer Reise möchten wir noch erwähnen. 130 Kilometer von unserem Standort entfernt, nur noch 15 Kilometer vor der russischen Grenze in Eräkeskus haben wir an einer Hundeschlittentour teilgenommen. In nahezu unberührter Natur, über Bäche und Seen durften wir den mit einem 6er-Gespann vorbereiteten Schlitten eigenhändig fahren. Die sechs Siberian Huskys zogen wie wild an den Leinen und so erreichte der Schlitten eine beeindruckende Geschwindigkeit. Nach ca. 1,5 Stunden durften wir die Hunde mit einer Suppe, einem Knochen, Streicheln belohnen und spannten sie aus ihrem Geschirr. WOW!!

Zum Schluß noch eine Idee, die der Frankfurter Ruder- und Kanusportverein Sachsenhausen 1898 e.V. schon einmal durchgeführt hat. Biathlon -lateinisch/griechisch für Zweifach-Kampf- im ERV, also Rudern (oder Ergo) und Schießen. Zitat: „Erst eine Strecke auf dem Ruderergometer, dann mit hohem Puls an den Schießstand mit echten Biathlon Gewehren (umgerüstet mit Lasertechnologie), um dann noch mal mit einer Runde auf dem Ergometer möglichst eine gute Gesamtzeit zu erreichen“. Na, wie wär’s?

Axel und Jörg